FuPa.net westrhein | Saison 2022/2023

97 Abpfiff mit 80 Jahren nach 2200 Spielen Dieter Schröder aus Herzogenrath ist der älteste Spielleiter gewesen. Jetzt beendet er seine Karriere, die im Osten begonnen hat. „Eigentlich hätte ich noch gut ein Jahr dranhängen können.“ Von Christoph Pauli Zehn Minuten vor dem Ende des Spiels schaute Schiedsrichter Dieter Schröder auf die Uhr, wie Zehntausende Mal vorher. Aber dieses Mal überkam ihn Wehmut. „Eigentlich schade, dass es bald vorbei ist.“ Zehn Minuten später pfiff er dann das Spiel und damit seine Karriere ab. Mit gut 80 Jahren und nach etwa 2200 Spielen, so genau lässt sich das nicht mehr nachvollziehen. „Eigentlich hätte ich noch gut ein Jahr dranhängen können“, sagt er. Er ist immer noch drahtig, hält sich mit Joggen fit. Die Pfeife hat er nun an den Nagel gehängt, um mehr bei seiner Frau sein zu können. „Vielleicht wird es aber auch Zeit, im Alter von 80 Jahren aufzuhören“, sagt Aachens ältester Schiedsrichter leise bedauernd. Eher im Verborgenen bei einem kleinen Turnier von künftigen Bauingenieuren auf dem Königshügel hat er aufgehört. Der Ort und Zeitpunkt seines Abschieds passt ganz gut zu seiner Karriere, denn auch die fand ziemlich im Verborgenen statt. Schröder war zumindest zuletzt immer ein Mann für die unteren Ligen: Kreisliga C und D im Fußballkreis Aachen, dazu kommen Spiele bei den Junioren. Zaungast wird zum Spielleiter Die Karriere begann ziemlich zufällig auf dem Sportplatz in Bad Doberan im Jahr 1966. Schröder war Ersatztorwart der zweiten Mannschaft und an diesem Nachmittag nur Zuschauer. Wer nicht da war, war dagegen der Schiedsrichter. Zaungast Schröder ließ sich überreden, er wurde zum Spielleiter und fand Gefallen. Aus dem Torwart wurde nun der Spielwart, Schröder meldete sich zum Lehrgang an und war fortan in der Kreisklasse unterwegs. Er stieg auf in die Bezirksklasse, als Vorsitzender der Schiedsrichterkommission kümmert er sich bald auch um die Ausbildung des Nachwuchses. Die Karriere lief gut an, sie führte ihn schnell in die dritte Liga. Und einmal half er dem späteren Fifa-Schiedsrichter Bernd Heynemann auch an der Linie in der 2. Liga, der DDR-Liga, als sich Vorwärts Stralsund und Hansa Rostock begegneten. Schröder war ein gefragter Mann, nachdem er sein 500. Spiel zwischen Traktor Grevesmühlen und Lok Bad Doberan geleitet hatte, stand in der Ostsee-Zeitung: „Auf der Jahresabschlussversammlung der Betriebssportgemeinschaft Lok Doberan konnte das Sektionsleitungsmitglied der Sektion Fußball, Dieter Schröder, mit einem Präsent ausgezeichnet werden, nachdem er am 28. November 1976 sein 500. Spiel als Schiedsrichter geleitet hat.“ Ein paar Jahre später wurde an gleicher Stelle berichtet: „Am Sonntag feierte Dieter Schröder ein seltenes Jubiläum. Mit dem Pokalspiel zwischen Traktor Neukloster und der TSG Wismar II leitete der 39-jährige Zimmerer vom Bau- und Montagekombinat Rostock sein 1000. Spiel als Schiedsrichter.“ So hätte es weitergehen können, wäre nicht Helga aufgetaucht, die Freunde in Dresden für ein paar Tage besuchte. Er lernte die junge Frau aus Herzogenrath-Merkstein kennen und schnell auch lieben. Das war 1981, Helga war wieder weg, aber die Liebe blieb. Als Schröder Ende des Jahres 1981 einen Ausreiseantrag stellte, um zu heiraten, hatte das ziemliche Folgen. Er musste nicht nur seinen Personalausweis abgeben, auch als Schiedsrichter wurde er ins Abseits gestellt. Auf einmal war er nicht mehr würdig, die Jugend anzuleiten. Der Staat mochte keine Republikflüchtigen, daraus machte er keinen Hehl. Drei Jahre war Schröder in der Warteschleife, dann durfte er heiraten – und zwar in der DDR. Es war ein kurzes Fest ohne Flitterwochen im Juli 1984, dann musste seine Ehefrau wieder zurück in die BRD. Das Abschiedsbild: Dieter Schröder (2. v. l.), 80, beendet seine Karriere im Kreis der Kollegen Ludwig Bergstein, 73, Ronny Offermann, 75, und Anton Dinslaken, 62 (v. l.). Foto: privat

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