Ausgabe 21 / Mai 2025 3 Erbengemeinschaft - Kompliziertes Konstrukt mit Konfliktpotenzial Was ist eine Erbengemeinschaft und was ist zu beachten? Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, wenn eine verstorbene Person – der Erblasser oder die Erblasserin – mehr als einen Erben hinterlässt. Das kann sowohl passieren, wenn die verstorbene Person ein Testament aufgesetzt hat und viele Erben einsetzt, aber auch wenn es kein Testament gibt. Das Gesetz sieht vor, dass mehrere Erben – die Zahl ist beliebig groß – automatisch eine Erbengemeinschaft bilden. Alle Erben werden also gemeinsam Eigentümer des gesamten Nachlasses. Das bedeutet, dass zum Beispiel Sie als Miterbe oder Miterbin nicht sofort Ihren individuellen Anteil erhalten, sondern Sie müssen sich gemeinsam mit den anderen Miterben um die Verwaltung und Aufteilung des Erbes kümmern. Ziel der Erbengemeinschaft ist es, das Erbe untereinander aufzuteilen. Die Aufteilung der Erbmasse wird häufig in einem sogenannten Erbauseinandersetzungsvertrag festgehalten. Sobald dies geschehen ist, löst sich die Erbengemeinschaft wieder auf. Doch der Weg dahin ist oft steinig. Erbengemeinschaften haben natürlich ihre Vorteile: Wenn zum Beispiel in einer Familie zwei Kinder gleichbehandelt werden und deshalb zu gleichen Teilen erben sollen und das Erbe vor allem aus Bankvermögen besteht, das einfach zu teilen ist. Doch in der Praxis sind Erbengemeinschaften eher konfliktanfällig, weil mehrere Personen mit unterschiedlichen Interessen und Vorstellungen über die Nutzung und Verwaltung des Nachlasses gemeinsam Entscheidungen treffen müssen. Während ein Erbe schnell sein Geld erhalten möchte, möchte ein anderer das Erbe vielleicht erhalten und bewahren. Problematisch wird es vor allem dann, wenn es um Immobilien oder wertvolle Gegenstände geht, die nicht einfach aufgeteilt werden können. Emotionale Bindungen an bestimmte Nachlassgegenstände, bestehende familiäre Konflikte oder unterschiedliche finanzielle Situationen der Erben können die Entscheidungsfindung zusätzlich erschweren. Lesen Sie in den folgenden Abschnitten noch mehr über die Konfliktstoffe, die Erbengemeinschaften bieten. Erbengemeinschaften müssen viele Entscheidung einstimmig treffen, manchmal genügt auch ein mehrheitlicher Beschluss. Aber langwierige Diskussionen, oft sogar gerichtliche Auseinandersetzungen sind oftmals Begleiter einer solchen Gemeinschaft. Fallbeispiel: Drei Geschwister, Anna, Ben und Carla, erben gemeinsam das Vermögen ihrer verstorbenen Mutter. Dieses besteht aus einer Immobilie, einem Bankkonto und persönlichen Wertgegenständen. Da sie eine Erbengemeinschaft bilden, müssen sie gemeinsam über die Nutzung und Aufteilung der Nachlasswerte entscheiden. Anna möchte die Immobilie verkaufen, um ihr Erbe schnell ausgezahlt zu bekommen. Ben hingegen will das Haus behalten und vermieten, um regelmäßige Einnahmen zu haben. Carla hängt emotional an dem Haus, da es ihr Elternhaus ist, und möchte es selbst nutzen. Da alle drei sich einigen müssen, kommt es zu Konflikten, die das Erbe über Monate oder sogar Jahre blockieren können.
RkJQdWJsaXNoZXIy MTk4MTUx