Coronavirus-Variante Omikron: Was ist bekannt? Wie gefährlich ist sie?

Die Coronavirus-Variante Omikron verbreitet sich seit November 2021 weltweit. Derzeit ist der Omikron-Subtyp BA.2 in Deutschland dominant. In einigen Ländern sorgen die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 für steigende Infektionszahlen und für Sorgen vor einer weiteren Corona-Welle.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC warnt davor, dass die zuerst in Südafrika festgestellten Omikron-Untervarianten BA.4 und BA.5 zu einem Wiederanstieg der Fallzahlen führen könnten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt nach wie vor Delta und Omikron als besorgniserregende Varianten. Bei Omikron schließt dies mehrere Linien ein, darunter BA.4 und BA.5. Beide wiesen teils andere Charakteristika auf als andere Omikron-Varianten.
Mit BA.4 und BA.5 sorgen zwei neue Omikron-Untervarianten für eine steigende Zahl an Infektionen in Ländern wie Südafrika und Portugal. Die bisherigen Analysen der vorliegenden Daten wiesen auf einen Wachstumsvorteil gegenüber der noch vorherrschenden Omikron-Untervariante BA.2 hin, so die britische Gesundheitsbehörde. Deutsche Experten betrachten BA.4 und BA.5 bisher eher gelassen. Die Varianten überträfen sich zwar gegenseitig in ihrer Fähigkeit, die Immunantwort zu umgehen, sie sind aber wohl nicht gefährlicher als die hierzulande vorherrschende Omikron-Variante BA.2. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warnte: Die besonders ansteckende Variante BA.4/BA.5 ist auch bei uns auf dem Vormarsch. Dies könnte im Herbst die nächste Welle werden.. Das RKI hatte seine Risikobewertung der aktuellen Corona-Lage in Deutschland Anfang Mai um eine Stufe gesenkt. Die derzeitige Gefährdung durch Covid-19 für die Gesundheit der Bevölkerung schätzt die Behörde nun insgesamt als hoch ein.
In Deutschland wurde die Virusvariante Omikron Ende November 2021 bei mehreren Reise-Rückkehrern aus Südafrika nachgewiesen. Im Norden meldete Niedersachsen am 3. Dezember 2021 den ersten Omikron-Nachweis. Seit der zweiten Kalenderwoche 2022 ist sie die vorherrschende Variante in Deutschland. Unter den Sars-CoV-2-Varianten dominiert laut Robert Koch-Institut (RKI) derzeit weiter Omikron mit 99 Prozent, allein auf die Untervariante BA.2 entfallen 87 Prozent. Erneut verdoppelt im Vergleich zur Vorwoche hat sich der Anteil von BA.5, und zwar von 5 auf 10 Prozent. Laut RKI-Zahlen liegt der Anteil von BA.4 nun bei 2,1 Prozent. Diese Daten beziehen sich auf die 21. Kalenderwoche (23. bis 29. Mai).
Die Omikron-Variante weist mehr als 50 Erbgutveränderungen auf, die meisten davon am Spike-Protein, mit dem das Virus an der menschlichen Zelle andockt und auf das auch die Impfstoffe der ersten Generation abzielen. Verändert sich ein Virus so, dass Antikörper von Genesenen und Geimpften weniger gut ansprechen, nennen Fachleute dies Immunflucht (Immunescape). Laut dem Virologen Christian Drosten stammen BA.4 und BA.5 nicht von BA.1 bis BA.3 ab, sondern sind Varianten des gemeinsamen Omikron-Vorläufers. Immunflucht sei wahrscheinlich, das könnte Reinfektionen begünstigen.
Nach allen bislang vorliegenden Daten verläuft eine Omikron-Infektion zumeist relativ mild, es müssen nicht mehr so viele Patienten auf Intensivstationen behandelt werden. Für Ungeimpfte sei die Omikron-Variante aber nicht harmlos, warnt der Virologe Drosten. Trotz der hohen Impfquote in Portugal stieg dort zuletzt die Zahl der Krankenhauspatienten und die Sterblichkeit im Zusammenhang mit Covid-19. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC sieht derzeit jedoch noch keine Anzeichen dafür, dass BA.4 und BA.5 zu einem schwereren Krankheitsverlauf im Vergleich zu bisherigen Omikron-Linien führt. Die Infektionen durch BA.5 spielten sich offenbar wieder tiefer in den Bronchien ab, nicht mehr nur im Nasen- und Rachenbereich.
Biontech-Chef Ugur Sahin rechnet mit der Zulassung eines angepassten Covid-19-Impfstoffs bis zum Herbst. Je nach Entscheidung der Behörden könnte ein angepasster Impfstoff im August, September oder Herbst genehmigt werden, sagte Sahin am 1. Juni auf der Hauptversammlung des Mainzer Biotech-Unternehmens. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat Sahin zufolge Ende Juni ein Treffen geplant, bei dem Vorgaben gemacht werden sollen, was die Behörde von den an die Omikron-Variante angepassten Vakzinen erwartet. Sahin rechnet mit einem solchen Schritt auch bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA.
Mit der Booster-Impfung können Antikörperspiegel zwar wieder angehoben werden, trotzdem gibt es auch zahlreiche Omikron-Fälle bei dreifach Geimpften. Die Virologin Sandra Ciesek warnt daher, dass eine Konzentration auf die Booster-Kampagne nicht reichen werde, auch weil der Schutz wieder nachlasse. Dennoch sei der Wert der Booster-Impfung hoch, sagt der Virologe Christian Drosten im NDR Corona-Podcast. Die doppelte Impfung wird für die Verbreitungskontrolle wahrscheinlich weniger beitragen bei Omikron. Da sind wir ziemlich ungeschützt, sagt Drosten. Aber die Dreifach-Impfung macht den Unterschied. Als ideale und nachhaltige Immunisierung gegen das Coronavirus sieht Drosten drei Impfdosen plus eine oder mehrfach durchgemachte Infektionen an.
Die Symptome nach einer Omikron-Infektion unterscheiden sich zum Teil von anderen Coronavirus-Varianten. Omikron scheint sich den bisherigen Erkenntnissen zufolge weniger in der Lunge als in Nase und Rachen auszubreiten. Laut RKI wurden von Omikron-Infizierten als Symptome vor allem Schnupfen, Husten und Halsschmerzen genannt. Außerdem berichteten Infizierte von nächtlichen Schweißausbrüchen, Appetitlosigkeit, Fieber, extremer Müdigkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Seltener als bei anderen Varianten ist offenbar der Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns.
Forscher aus den USA haben medizinische Daten von mehr als 650.000 kleinen Kindern ausgewertet, die zwischen Anfang September 2021 und Ende Januar 2022 an Covid-19 erkrankten. Sie verglichen die Krankheitsverläufe bei Delta (September bis November) und Omikron (Ende Dezember bis Ende Januar). Ergebnis: Omikron verlief zwar milder, infizierte aber deutlich mehr Kinder.

Auch Kinder und Jugendliche werden durch Impfungen vor schweren Verläufen geschützt. Deswegen sollten alle Kinder geimpft werden, vordringlich natürlich diejenigen mit Risikofaktoren, sagte Tobias Tenenbaum, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). Laut internationaler Studien sowie eigenen Beobachtungen sei die Omikron-Mutante für Kinder in der Regel nicht gefährlich. Bei schweren Verläufen handele es sich um Einzelfälle und immer mit besonderen Risikofaktoren wie starkem Übergewicht, erläuterte der Arzt.

Quellen: WHO, RKI, dpa